Im Gespräch mit Constanze und Christoph Freudenberger über die Umnutzung eines Baudenkmals als Feriendomizil
Auch im Schwarzwald bleibt die Zeit nicht stehen. Selbst hier droht der fortschreitende Strukturwandel die Kulturlandschaft mit seinen charakteristischen alten Höfen zu zerstören, weil diese ihren heutigen Eigentümern häufig wertlos erscheinen. Die Folge ist: Verfall und Abriss. Aber wie kann man das verhindern? Wäre das originalgetreue Sanieren historischer Schwarzwaldhäuser und deren Umnutzung zu Ferienwohnungen ein Weg, diese zu erhalten? Ja, sagen Constanze und Christoph Freudenberger. Sie haben mit „Hederle3“ in Oberprechtal bei Elzach genau das getan, um es als Ferienhaus für Gäste anzubieten. Denn wer dort einmal Zeit verbracht hat, versteht viel besser was es zu bewahren gilt. Ferien in einem Baudenkmal sind wie Urlaub in die Vergangenheit, eine Zeitreise in die Gepflogenheiten unserer Vorfahren. Friederike Zimmermann vom Verein Bauwerk Schwarzwald wollte im Gespräch mit den beiden wissen, ob dieses Projekt modellhaft für die ganze Region stehen könnte.
Friederike Zimmermann: Herr Freudenberger, nach dem Bahnwärterhäuschen in Gremmelsbach bei Triberg, das Sie noch alleine in ein begehrtes Feriendomizil verwandelten, ist das Ferienhaus „Hederle3“ Ihr erstes gemeinsames Sanierungsprojekt. Wie kam es dazu – Zufall oder gezielte Suche?
Christoph Freudenberger: Seit ich vor vielen Jahren zum ersten Mal darüber gelesen habe, wie in England historische Gebäude, die nicht mehr im ursprünglichen Sinne genutzt werden konnten – alte Hotels, Gasthöfe, Residenzen –, zu Ferienzwecken wieder hergerichtet wurden, hat mich das nicht mehr losgelassen. Das war meine Initialzündung, ab da habe ich nach Wegen und geeigneten Objekten gesucht, um hier im Schwarzwald auch auf eine solche Weise die historischen Häuser zu retten. Doch damals konnte mich keiner verstehen, ich redete gegen Wände, bei Vereinen, Gemeinden, Bürgermeistern, Politikern…. Darum hatte ich mich entschlossen, zwei Objekte exemplarisch zu verwirklichen. Aus privaten Gründen ist das Bahnwärterhaus nur noch in der Vermietung. Und Constanze konnte ich bei unserer Begegnung vor einigen Jahren mit meiner Idee ebenfalls so begeistern, dass wir das „Hederle“ gesucht und gefunden haben.
Friederike Zimmermann: Nun geht es Ihnen ja um zweierlei Aspekte: Zum einen darum, die Gebäude zu erhalten und zum anderen darum, den Menschen ein authentisches Zeiterlebnis zu ermöglichen. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Christoph Freudenberger: Diese alten Schwarzwaldhöfe erfüllen heute nicht mehr die Anforderungen für eine zeitgemäße Bewirtschaftung, sie eignen sich aber für eine touristische Nutzung. Durch eine solche Umnutzung für „Ferien im Baudenkmal“ können sie dem typischen Landschaftsbild erhalten bleiben. Dabei ist es für ihr gesamtes Erscheinungsbild wichtig, bei der Sanierung so nah wie möglich am Original zu bleiben. Ausnahmen waren für uns Sanitäreinrichtungen und zeitgemäß verlängerte Bettengrößen. Die Eigenschaften, die von den heutigen Eigentümern der Höfe als nachteilig empfunden werden, sind für die Feriengäste etwas Besonderes: Niedrige Räume, abgelegene Standorte, reduzierte Haustechnik, Ofenbefeuerung, Kochen auf dem Holzherd und manches andere. Es gibt eine Kundschaft, die genau so etwas sucht, die Nachhaltigkeit spüren möchte. Da kann man an einem 300 Jahre alten Haus ganz schön was zeigen und erlebbar machen. Zum Beispiel, dass ich Holz machen muss, um zu heizen. Man kann zwar jeden Raum auch mit einem Elektroofen heizen, die meisten Gäste lassen sich aber auf das Ungewohnte ein.
Friederike Zimmermann: Was treibt die Leute an, das auch mitmachen zu wollen? Wie finden Sie Ihre Gäste?
Constanze Freudenberger: Es ist so eine Art Sehnsucht, die in den Menschen angesprochen wird. Unser Ziel ist es, die Lebensumstände der ehemaligen Bewohner den Besuchern des Hauses unmittelbar erlebbar zu machen. Ich glaube das führt zu einer Entschleunigung. Für viele ist es unvorstellbar, dass sie hier auch eintauchen können in eine völlig andere Welt. Und das in unmittelbarer Nähe, ganz ohne Fernreise. Wir haben schon im Bahnwärterhaus beobachtet, wie die Kinder mit ihren Handys ankommen, die sie dann aber die ganze Woche über nicht anrühren. Das Erleben dieses Ortes mit seiner speziellen Atmosphäre ist etwas Einmaliges.
Friederike Zimmermann: Was muss man als Eigentümer mitbringen, um ein solches Projekt stemmen zu können?
Constanze Freudenberger: Man muss schon etwas Kapital mitbringen, um ein solches Objekt zu erwerben, wenn man nicht das Haus auf seinem eigenen Grundstück stehen hat. Und vom Landesdenkmalamt und von LEADER haben wir Förderungen bekommen. Zwei Kleinprojekte auf unserem Grundstück wurden extra durch das LEADER Regionalbudget gefördert. Es gab dabei natürlich auch Hürden: So müssen für LEADER z.B. pro Gewerk mindestens drei Angebote eingeholt werden, was sich manchmal als sehr schwierig erweist. Die Lösung wäre ein unterstützendes kompetentes Team in den Behörden, das berät.
Friederike Zimmermann: Würden Sie nach Ihrer Erfahrung sagen, dass dies auch für andere ein gangbarer Weg ist, ihre alten Höfe zu retten?
Christoph Freudenberger: Wir wollten ja das Projekt „Ferien im Baudenkmal“ exemplarisch an einem historischen Schwarzwaldhaus umsetzen, um dadurch einen Impuls für Entwickler ähnlicher Konzepte zu geben. Es geht uns darum, dass man einen Weg aufzeigt, die nicht mehr benötigten Objekte zu erhalten und auf der anderen Seite über die touristische Nutzung ein funktionierendes attraktives Angebot zu machen.
Constanze Freudenberger: Um – entsprechend des Vereins Bauwerk Schwarzwald, der sich ebenfalls dafür stark macht – landschaftsprägende Häuser erhalten zu können, wäre es sinnvoll, dass das Ganze in eine Art Stiftung mündet. Das klassische Vorbild ist die Schweiz mit der Stiftung „Ferien im Baudenkmal“: Dort veräußern Menschen ihr altes Objekt an die Stiftung; oder sie geben es nur ab und es bleibt in ihrem Besitz. Das könnte vielleicht vielen Menschen im Schwarzwald wichtig sein, dass es in ihrem Besitz bleibt.
Friederike Zimmermann: Bei all dem geht es ja weder um Historismus noch um Disneyland…
Christoph Freudenberger: Nein, es geht um Denkmalerhaltung, Wertschöpfung, Klimaschutz und sanften Tourismus im ländlichen Raum. Was früher an Luxus ausreichend war und gut funktioniert hat, das kann und soll heute wieder erfahrbar gemacht werden. Man muss bereit sein, einfache Lösungen zu finden.
Constanze Freudenberger: Und da kann man vielleicht aus den Ferien im Baudenkmal die Erfahrung mitnehmen: Ich könnte zu Hause auch so manches verändern, vor allem die Entschleunigung. Wir haben mehrere Familien kennengelernt, die nach ihren Ferien manches davon in ihrem Alltag umgesetzt haben.
Weitere Informationen unter: www.ferien-im-baudenkmal.de und www.hederle3.de (hier findet sich auch der Link zu einem kleinen Film über das Projekt)
Hier geht’s zum Download des PDFs | Veröffentlichung in Schwarzwald Impressionen, Ausgabe 2024.
Eine gekürzte Version dieses Artikels wurde im März 2024 im Kultur Joker veröffentlicht.
Bildlegenden: © privat (Freudenberger) und Friederike Zimmermann